Dieser Beitrag erschien zuerst im Blog des Hochschulforums Digitalisierung. Autor:innen: Dr. Henning Koch, Katharina Schüller, Florian Rampelt
Anfang Februar 2021 hat der Stifterverband gemeinsam mit zahlreichen Partnern eine Data-Literacy-Charta veröffentlicht, die ich als eine de drei Autor:innen mit initiieren durfte. Auch die Deutsche Statistische Gesellschaft zählt zu den Erstunterzeichner:innen. Die Unterzeichner:innen drücken mit der Data-Literacy-Charta das gemeinsame Verständnis von Datenkompetenzen im Sinne einer umfassenden Data Literacy und deren Bedeutung in Bildungsprozessen aus.
Was bezweckt eine Charta überhaupt und was möchten die Partner mit einer Data-Literacy-Charta erreichen?
Denkt man über den Begriff der „Charta“ nach, kommt einem etwa schnell die „Charta der Vereinten Nationen“ in den Sinn. Zu Beginn haben 50 Staaten sie im Jahr 1945 unterschrieben. Sie wollten damit Kriege verhindern und Kooperationen ermöglichen. Um dies möglichst wahrscheinlich zu machen, haben sie sich auf universelle Ziele und Grundsätze geeinigt, mit dem klaren Vorsatz, im „Bemühen um die Erreichung dieser Ziele zusammenzuwirken”.
Um zu einer Charta zu kommen, die von möglichst vielen Institutionen und Menschen unterschrieben und dann auch konsequent mitgetragen wird, muss viel miteinander gesprochen werden. Das gilt – natürlich in viel bescheidenerem Ausmaß – auch für die Data-Literacy-Charta des Stifterverbandes.
Dazu haben die drei Autor:innen – Henning Koch aus dem Stifterverband, Florian Rampelt aus dem Hochschulforum Digitalisierung und ich – unterschiedliche Expert:innen, Partner:innen und Akteur:innen auf der Grundlage eines ersten Entwurfs miteinander ins Gespräch gebracht. Zwar waren an der Data-Literacy-Charta keine 50 Staaten beteiligt, aber mindestens genauso viele Kommentator:innen. Das kann durchaus anstrengend sein, ist aber Voraussetzung für das eigentliche Ziel jeder Charta: Auf der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses auch „zusammenzuwirken”, gemeinsam zu handeln.
Wenn wir Bildungsprozesse für das 21. Jahrhundert gemeinsam gestalten wollen, liegt eine lange Reise vor uns. Die Charta, die uns beim Aufbruch Orientierung gibt, ist eine erste, grobe Karte der Wege, die vor uns liegen. Je länger wir unterwegs sind und je mehr wir diese Wege ausprobiert und ausgebaut haben, umso genauer können wir die Karte in Zukunft zeichnen.
Im Podcast „Data for the People“ von PARIS21/OECD habe ich mit Johannes Jütting über die Hintergründe der Charta gesprochen:
Data for the People: A PARIS21 Post-Crisis Podcast: Katharina Schüller - Vorständing der Deutschen Gesellschaft für Statistik und Unternehmerin on Apple Podcasts
Show Data for the People: A PARIS21 Post-Crisis Podcast, Ep Katharina Schüller - Vorständing der Deutschen Gesellschaft für Statistik und Unternehmerin - Feb 9, 2021
Die Data-Literacy-Charta rückt fünf Leitprinzipien als Wegmarken ins Zentrum. Diese kennzeichnen die zentrale Bedeutung von Data Literacy als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts und weisen ihr einen wichtigen Platz in der Allgemeinbildung zu:
Data Literacy muss allen Menschen zugänglich sein.
Data Literacy muss lebenslang in allen Bildungsbereichen vermittelt werden.
Data Literacy muss als transdisziplinäre und fächerübergreifende Kompetenz vermittelt werden.
Data Literacy muss den gesamten Prozess der Erkenntnis- und Entscheidungsfindung mit Daten systematisch abdecken.
Data Literacy muss Wissen, Fähigkeiten und Werthaltungen für einen bewussten und ethisch fundierten Umgang mit Daten umfassen.
Die Unterzeichner:innen der Data Literacy Charta werden Maßnahmen ergreifen, dieses Verständnis von Data Literacy zu verbreiten und die dazugehörigen Kompetenzen weiter zu stärken. Sie rufen andere Akteur:innen auf, dies in ihrem Wirkungsbereich ebenso zu tun.
Die Charta regt dazu an, das Thema Datenkompetenzen in sämtlichen Bildungsprozessen zu berücksichtigen und mitzudenken.
Dass zu den Erstunterzeichner:innen so prominente Institutionen, wie beispielsweise der Digitalrat der Bundesregierung und so namhafte Persönlichkeiten wie Dorothee Bär (Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt), Dr. Georg Thiel (Präsident des Statistischen Bundesamtes und Bundeswahlleiter) oder Prof. Dr. Gerd Gigerenzer (Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung) gehören, spricht für die Aktualität des Themas und für die Dringlichkeit, es voranzutreiben.
Die Charta der Vereinten Nationen wurde seit ihrer Entstehung immer wieder verändert. So hat sie sich den wandelnden Umständen angepasst. Auch die Data-Literacy-Charta versteht sich als erste Skizze einer Landkarte, die wir in einer von Digitalisierung geprägten Welt dringend benötigen. Sie gibt Orientierung für einen Weg, der weiter gegangen und erforscht werden muss. Sie zeigt das Ziel, die Richtung und erste mögliche Pfade dorthin, die breiter und verzweigter werden, wenn wir ein Stück weiter gekommen sind.
Darum soll und muss die Charta immer wieder neu ausgehandelt und möglichst kontinuierlich aktualisiert werden. Auch können Interessierte sie für ihren jeweiligen Bereich weiterverwenden und adaptieren. So kann auch eine Charta als Begriffsgrundlage und als Handlungsaufforderung dynamisch und zeitgemäß bleiben.
Lassen Sie uns auf eine spannende Reise aufbrechen: im Austausch bleiben, gemeinsam Datenkompetenzen stärken und zukunftsorientiert Bildungsprozesse gestalten!
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